Schreiben gegen Stress und Trauma

 Dass manuelles, ausdrucksstarkes Schreiben therapeutisch bei Stress und Trauma hilft, ist schon lange bekannt und viel genutzt. Forschungen belegen bereits seit den 90iger Jahren die positive Auswirkung auf Immunsystem und kognitive Fähigkeiten.

Die Psychologen James Pennebaker und Joshua Smyth legen nahe, dass Schreiben über Emotionen und Stress die Immunfunktion bei Patienten mit Krankheiten wie HIV/AIDS, Asthma und Arthritis nachhaltig positiv beeinflussen kann.

 

1999 erschien im Journal of the American Medical Association (Bd. 281, Nr. 14) eine bahnbrechende Studie über die physischen Auswirkungen des Schreibens. Der Studienleiter Joshua Smyth ließ 71 Patienten mit Asthma und rheumatoider Arthritis an drei aufeinanderfolgenden Tagen jeweils 20 Minuten lang über das stressigste Ereignis ihres Lebens schreiben, 36 Patienten mit gleichen Krankheitsbildern hatten nur emotional neutrale Themen ihrer Tagespläne als Schreibaufgabe.

 

Vier Monate nach Studienablauf zeigten 70 Patienten in der stressenden Schreibgruppe eine Verbesserung in objektiver klinischer Bewertung verglichen mit 1 Person der ersten Gruppe und den 37 Kontrollpatienten, wo dies nicht der Fall war. In der Folge zeigten sich bei den erfolgreichen ‚Stress-Schreibern‘ die Symptome als regressiv oder verschlechterten sich weit geringer als bei den Kontrollpatienten. Laut Smyth half das Schreiben den Patienten also nicht nur bezüglich Verbesserung, sondern konnte auch Verschlechterung verhindern.

 

Wie so oft herrscht in der Wissenschaft nicht Einigkeit, doch konnte niemals ein nachteiliger Effekt durch Schreiben über Lebensereignisse mit Stress und Trauma belegt werden.

Warum Schreiben dem Immunsystem zugutekommt und welchen Menschen es hilft bzw. bei welchen es weniger Wirkung zeigt, ist bisher noch unerforscht. Einigkeit herrscht aber darüber, dass die Wirksamkeit durch die Art und Weise der Anwendung des Schreibens bedingt ist. Der Schlüssel zum Erfolg scheint in der Interpretation der Erfahrungen der Schreibenden zu liegen, bis hin zu den von ihnen gewählten Wörtern. 

Der Stressabbau erfolgt also nicht nur durch Externalisierung von Emotionen über Schreiben oder Sprechen, für die Heilwirkung des Schreibens müssen die Praktizierenden laut Smyth den Akt von Wortwahl und Niederschrift nutzen, um ihre Emotionen besser zu verstehen und aus diesen zu lernen.

 

Der Sozialpsychologe und Sprachexperte James Pennebaker sieht in der Wahl, also im Weglassen wie auch in der Häufigkeit und Art genutzter Wörter eines Menschen Hinweise auf dessen Gefühle, sein Selbstkonzept und seine soziale Intelligenz. Er stellt weiters fest, dass zwar auch das Sprechen in einen Tonträger positive Auswirkungen auf die Gesundheit habe, dass aber durch die zusätzliche mechanische Komponente des Niederschreibens weitere Stressreduktion möglich sei, wenn die emotionale Beteiligung am Prozess des Schreibens richtig eingesetzt würde.

 

Auch die Psychoneuroimmunologin Susan Lutgendorf vermutet, dass die Art des Schreibens eines Menschen, bezogen auf die gewählten Formulierungen und den emotionalen Bezug dazu, der Schlüssel zu gesundheitlichen Auswirkungen sei. Eine ihrer Studien legt nahe, dass Menschen, die beunruhigende Ereignisse über den Akt der Niederschrift nochmals durchleben, ohne sich auf die Bedeutung zu konzentrieren, danach über einen schlechteren Gesundheitszustand berichten. Dagegen hatten die Probanden mit einer gesundheitlichen Verbesserung aus dem Schreiben eine Bedeutung abgeleitet und durch die Konzentration auf diese Bedeutung ein größeres Bewusstsein für die positiven Aspekte eines belastenden Ereignisses gewonnen.

 

Lutgendorf‘s Resumee, dass sowohl fokussiertes Denken wie auch Emotionen nötig wären, dass also ein Mensch nur dann Nutzen aus der Schreibübung ziehen könne, wenn ein Sinn in einer traumatischen Erinnerung gefunden und die damit verbundenen Emotionen gefühlt würden, deckt sich mit einer Aussage Pennebaker’s zu Therapie generell: 

"Menschen, die immer wieder auf die gleiche Weise über Dinge reden, werden nicht besser ……. die Art und Weise, wie sie ihre Erfahrungen sehen, muss wachsen oder sich ändern."


Mit diesen Hinweisen auf die optimale Art der Durchführung kann die Schreibübung, auch bei gesundheitlichen oder psychischen Problemen abseits der durch Studien belegten Ergebnisse, erfolgversprechend angegangen werden: →

01 Stressverminderung durch Schreiben – Download hier

00 Intro Text – Download hier

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  • Stephen J. Lepore, Joshua M Smyth: The Writing Cure: How Expressive Writing Promotes Health and Emotional Well-Being.  2002, ISBN-10 : 1557989109,  ISBN-13 : 978-1557989109.

 

  • James Pennebaker, Joshua M Smyth: Opening Up by Writing It Down, Third Edition: How Expressive Writing Improves Health and Eases Emotional Pain. 2006,  ISBN-10 : 1462524923, ISBN-13 : 978-1462524921

 

  • Joshua M. Smyth, PhD et. Al: Effects of Writing About Stressful Experiences on Symptom Reduction in Patients With Asthma or Rheumatoid Arthritis. A Randomized Trial, published in 1998 in the Journal of Consulting and Clinical Psychology (Vol. 66, No. 1)